In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Nach dem social distancing der vergangenen Jahre wissen wir unsere Stadt, in welcher wir lernen und lehren, neu zu schätzen. Wir haben uns gefragt, wie das Leben in der Stadt gelingen und wie wir das Zusammenleben hier in Zukunft gestalten wollen. Als DesignerInnen möchten wir zu einer optimistischeren städtischen Gemeinschaft und einer schöneren Stadt beitragen.
Von März bis Juli 2022 bespielten wir die Lindenstr. 11 als offenen »Stadtraum« – einen gemeinschaftlich organisierten Raum, welcher Begegnungen ermöglichte, Zusammenhalt generierte und somit das Leben in der Stadt bereicherte.
Der Leerstand ehemaliger Läden in Münchberg ist hoch. Leere Schaufenster und ungenutzte Räume prägen das Stadtbild. Auch die Lindenstr. 11 mitten in der Münchberger Innenstadt stand längere Zeit leer. Auf Nachfrage stellte die Stadt Münchberg uns den Laden im Rahmen des Förderprogramms »Leerstand beleben« für die Dauer eines Semesters vertrauensvoll zur Nutzung zur Verfügung.
Der Stadtraum ist ein Beispiel für die Möglichkeit der Partizipation:
Wir haben den Leerstand als Chance genutzt, uns einen »Freiraum« angeeignet und die Stadt aktiv mitgestaltet.
Im Austausch mit den BürgerInnen entstanden in der Lindenstr. 11 ortsbezogene kommunikative und gestalterische Arbeiten in verschiedenen Medien und Formaten. Sie eröffnen neue positive Sichtweisen auf die Stadt und zeigen Potentiale auf.
Indem wir Prozesse und Strukturen visualisieren, können BürgerInnen die räumlichen und politischen Bedingungen der Stadt besser verstehen und somit leichter mitgestalten. Das Projekt macht Stadtgestaltung unmittelbar erlebbar und entfacht somit Mut und Motivation bei den BürgerInnen, sich zu beteiligen.
Auf Stadtspaziergängen, Recherchen im Stadtarchiv und in der Bibliothek sowie in Interviews mit BürgerInnen erforschten wir die Stadt.
So wie die Stadt selbst sich immer wieder verändert, so war auch unsere Arbeit im Prozess: In der Lindenstr. 11 haben wir entworfen und erprobt, gebaut und umgebaut, debattiert und argumentiert, ausgestellt und gefeiert.
Wir verständigten uns auf eine kollektive Arbeitsweise, welche eine solidarische Bereitschaft erforderte und auch individuellen Erwartungen gerecht werden wollte.
Die Ausstellungsserie und Aktionen fanden von April bis Juli 2022 statt. Die täglichen Öffnungszeiten wurden über Flyer, Instagram und im Schaufenster kommuniziert.
Wir stellten Fragen zur Stadt – von A wie Attraktionen bis Z wie Zukunft. Über mehrere Wochen luden wir MünchbergerInnen – alt und jung, zugezogen und alteingesessen – in die Lindenstr. 11 ein, um an unserer Umfrage teilzunehmen.
Zum Beispiel: Was hat sich verändert? Was kann man hier erleben? Was genießt du hier? Was bringt die Leute zusammen? Was muss sich ändern?
Aus den Ergebnissen der Umfragen und unseren fotografischen Beobachtungen präsentieren wir in der Endausstellung ein gegenwärtiges Porträt der Stadt.
Die farbenfrohen Formen im Schaufenster der Ausstellung im Juli bis August präsentieren unsere Forderungen an PolitikerInnen, ImmobilienmaklerInnen, StadtplanerInnen: niedrige Mieten, Freiräume, Kultur … Sie sind zugleich als Zeichen in einer Stadtkarte verortet und damit konkret.
Die Formen sind auch die Grundlage für einen Vorschlag eines neuen flexiblen Erscheinungsbildes der Stadt Münchberg.
Wir sind aufgeblieben und haben das Nachtleben in der Stadt erlebt: Wo steigt die beste Party? Wo kann man bei Vollmond baden? Die aus fluoreszierenden Tapes gestaltete Karte wies NachtschwärmerInnen den Weg. Die markierten Orte ergaben ein Sternbild, welches im Monat Juni nur in Münchberg zu sehen war.
Für den »Stadtraum« benötigten wir eine Möblierung, die den Anforderungen eines temporären Systems entspricht: Sie musste sich den wechselnden Funktionen des Raumes anpassen. Vorhandenes Material sollte genutzt werden und die Materialkosten sollten gering sein. Die Umsetzung sollte selbst in kürzester Zeit realisiert werden und im besten Fall sollten die Möbel eine gestalterische Einheit sein.
Es entstand eine multifunktionale Möbelserie: Zum Sitzen, zum Präsentieren, zum Befragen, zum Ordnung schaffen.
Team: Eva Berchtold, Johann Bott, Denny Kobiger, Linda de Sain, Marie Throne, Sebastian Wolf, betreut von Heiko Mühle
Die Stadtkarten erzählen in Texten, Fotografien und Zeichen von dem Charme und der Eigenart Münchbergs.
Die Sammlung umfasst eine thematische Vielfalt:
Über Wünsche, Erinnerungen, Spuren, Kulinarik, Laufstrecken, Nahverkehr, nächtliche Events, jahreszeitliche Aktivitäten etc.. Die Zielgruppe der LeserInnen ist so verschieden wie es die BewohnerInnen der Stadt sind: Verliebte, NachtschwärmerInnen, FeinschmeckerInnen usw.
Die Kartenedition wird in einem mobilen Wagen verkauft – auf der Lindenstraße, auf dem Wochenmarkt oder auf dem Wiesenfest.
Edition 25 Stadtkarten, auch einzeln erhältlich,
erste Auflage: 50 á Karte
Anmerkg. d. Red.: Die GestalterInnen und AutorInnen sind offen für Hinweise der LeserInnen; Ergänzungen und Korrekturen.
Team: Denny Kobiger, Eva Berchthold, sowie Studierende im 4. und 6. Semester Grafikdesign
Das Buch spielt auf Lexikografische Kompendien an und sortiert nach einer langen Liste von Schlüsselworten, welche die Stadt beschreiben.
Die Fotografien sind zwar in Beziehungen zu diesen Begriffen gesetzt, bilden diese aber nicht, sondern erweitern vielmehr assoziativ die Aussage.
Ein komplexes, überraschendes und vor allem liebevolles Porträt einer Stadt in der Provinz, welche mehr zu bieten hat, als wir glaubten.
Das Buch wirft die Frage nach der Identität der Stadt auf und möchte zu neuen Sichtweisen anregen.
Team: Miriam Saile, Kim Haselhoff, Jennifer Hohenberger, Nina Pleyer, Hoan Nguyen
Leere Schaufenster und ungenutzte Räume prägen das Stadtbild. Wir zeigen auf, wieviel Potential in diesen Orten steckt. Wir entwickelten eine Plakatserie für Münchberg, »Anschläge« im Leerstand. Unsere Vorschläge für die neue Nutzung der Leerstände sind zukunftsorientiert, optimistisch, sozial und manchmal auch utopisch.
Team: Kamilla Kovacs, Silvana Einsiedel, Marijam Zedler, betreut von Karoline Mueller-Stahl
Morgenmagazin, Wann erwacht die Stadt? Raphaela Lodes
Straßenmagazin, Herkunft der Straßennamen. Denny Kobiger
KULmagazin, Münchberger Rezepte. Linda de Sain
Münchbergs Wunderkammer, Eine Objektsammlung. Johann Bott
Die hier vorgestellten Beiträge im »Stadtraum« sind nur eine Auswahl.
Im Seminar Plastisch-räumliches Gestalten betreute Heiko Mühle, Architekt und Gastdozent, Studierende des 6. Semesters im Entwurf und Realisierung der Möbelserie, des Modellbaus sowie in Fragen der räumlichen Inszenierung und praktischen Lösungen.
Das Projekt wurde initiiert von Prof. Claudia Siegel konzipiert und realisiert. Am Projekt nahmen 24 Studierende im 4. und 6. Semester teil.
Wir bedanken uns bei unseren Gästen Margret Hoppe, Fotografin, und Karoline Mueller-Stahl, Autorin, für die kurzen, aber intensiven Workshops.
Begleitend zu unserer inhaltlichen und gestalterischen Auseinandersetzung mit dem Thema »Stadt« sind wir mit unterschiedlichen ExpertInnen ins Gespräch gekommen. Für den Input danken wir sehr herzlich:
Dr. Pia Beckmann, pics4peace und ehemalige Oberbürgermeisterin Würzburg;
Prof. Dr. Regina Bittner, stellvertretende Direktorin Bauhaus Dessau;
Sven Ehmann, Infographics group Berlin;
Dr. Gesa Foken, bildende Künstlerin und Kunsttheoretikerin;
Daniel Herrmann, Direktor der Werkleitz Gesellschaft e.V. Halle/Saale,
Christiane Pietsch, Projektmanagerin Urban Art Berlin;
Prof. Dr. Andreas Wolf, Architekt und Städteplaner,
sowie dem Münchberger Bürgermeister Christian Zuber und
dem Hofer Landrat Dr. Oliver Bär.
Unser ganz besonderer Dank gilt den MünchbergerInnen, den NachbarInnen, PassantInnen und Reisenden für ihre Offenheit, das Interesse, den Zuspruch, sowie die Beteiligung oder einfach nur den Dialog im »Stadtraum«, Lindenstr. 11!
Endausstellung am 8.7.2022 in der Lindenstr. 11