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09_Egyptienne

Text zum Referat

Eine Egyptienne ist eine Antiqua Schrift mit stark betonten Serifen. Sie wird auch als »Serifenbetonte Antiqua« bzw. »Serifenbetonte Linear Antiqua« oder als »Slab Serif« bezeichnet.

Im Segment der Lesetypografie sind reine Egyptiennes, Italiennes und Schreibmaschinenschriften als Grundschrift für längere Textpassagen nur bedingt bis nicht geeignet. Sie können auch als Französische Renaissance-Antiquas oder Vorklassizistische Antiquas klassifiziert werden.

Die Schriftklassifikation ordnet Egyptienne Schriften in folgende Schriftuntergruppen:

EGYPTIENNE

Serifenbetonte Linear Antiqua mit optisch gleichen Strichstärkenkontrasten und eckigen Serifenübergängen

Dachansätze: Gerade

Minuskeloberlängen: Enden bei der H-Linie

Achse der Minuskel e: Waagrechter Innenbalken

Optische Achse der Rundformen: Senkrecht

Serifenübergänge: Eckig

Serifenseitenkante: Gerade

Serifenunterkante: Steht gerade auf der Grundlinie

Stichstärkenkontrast Balken/Querbalken: Optisch gleich (linear)

Sonstiges: Alle Senkrechten, Rundungen und Serifen haben in der Regel optisch die gleichen Strichstärken. Kantige Serifenform. Wirkt im Gesamten sehr konstruiert

VERTRETER DIESER SCHRIFTART

City Trump, Georg Berthold 1930

Karnak Middleton, Robert Hunter Ludlow Typograf 1931

Lubalin Graph Lubalin, Herb ITC 1974

Officina Serif Spiekermann, Erik

Van Rossum, Just ITC 1990

Rockwell Pierpont, Frank Hinman Monotype 1934

Serifa Frutiger, Adrian Bauersche Gießerei 1967

CLARENDON

Serifenbetonte Antiqua mit unterschiedlichen Strichstärkenkontrasten und runden Serifenübergängen

Dachansätze: Gerade

Minuskeloberlängen: Enden bei der H-Linie

Achse der Minuskel e: Waagrechter Innenbalken

Optische Achse der Rundformen: Senkrecht

Serifenübergänge: Rund

Serifenseitenkante: Gerade

Serifenunterkante: Steht gerade auf der Grundlinie

Strichstärkenkontrast Balken/Querbalken: Leicht bis mittelstark

VERTRETER DIESER SCHRIFTART

Clarendon Fox, Benjamin Fann Street 1845

ZEITUNGSEGYPTIENNE

Serifenbetonte Zeitungsantiqua mit unterschiedlichen Strichstärkenkontrasten und runden oder eckigen Serifenübergängen

Dachansätze: Gerade oder schräg

Minuskeloberlängen: Enden bei H-Linie oder k-Linie

Achse der Minuskel e: Waagrechter Innenbalken

Optische Achse der Rundformen: Senkrecht

Serifenübergänge: Eckig oder rund

Serifenseitenkante: Gerade oder abgerundet

Serifenunterkante: Steht gerade auf der Grundlinie

Stichstärkenkontrast Balken/Querbalken: Vorhanden, orientiert sich oft an Vorklassizistischer Antiqua

VERTRETER DIESER SCHRIFTART

Candida Erbar, Jakob Ludwig & Mayer 1936

Excelsior Griffith, Chauncey H. Linotype 1931

Joanna Gill, Eric Hague and Gill 1930

Melior Zapf, Hermann D. D. Stempel 1952

Scala Majoor, Martin FontFont 1991

ITALIENNE

Serifenbetonte Zierschrift im Wild West Style

Dachansätze: Gerade

Minuskeloberlängen: Enden bei der H-Linie

Achse der Minuskel e: Waagrechter Innenbalken

Optische Achse der Rundformen: Senkrecht

Serifenübergänge: Eckig

Serifenseitenkante: Gerade

Serifenunterkante: Steht gerade auf der Grundlinie oder bei scriptographischen Varianten geschrägt

Stichstärkenkontrast Balken/Querbalken zu den Serifen: Sehr stark bis übertrieben

VERTRETER DIESER SCHRIFTART

Figaro Monotype Design Studio Monotype 1940

Old Towne No 536 ATF

Pro Arte Miedinger, Max Haas'sche Schriftgiesserei 1954

Westside Frutiger, Adrian Linotype 1989

SCHREIBMASCHINE

Typewriter

Dachansätze: Gerade oder gekehlt

Minuskeloberlängen: Enden bei der H-Linie

Achse der Minuskel e: Waagrechter Innenbalken

Optische Achse der Rundformen: Senkrecht

Serifenübergänge: Rund oder eckig

Serifenseitenkante: Bogenform oder eckig

Serifenunterkante: Steht gerade auf der Grundlinie oder ist leicht bis stark gekehlt

Stichstärkenkontrast Balken/Querbalken: Optisch gleich

VERTRETER DIESER SCHRIFTART

American Typewriter Kaden, Joel

Stan, Tony ITC 1974

Courier New Frutiger, Adrian

Kettler, Howard Microsoft 2000

Courier Kettler, Howard IBM 1955

Prestige Elite Smith, Clayton IBM 1953

EGYPTIENNEVARIANTEN

Dazu zählen hybride Antiqua Schriften mit stark betonten Serifen, die nicht eindeutig zu den reinen Egyptiennes, Zeitungsantiquas, Italiennes oder Schreibmaschinenschriften eingeordnet werden können.

VERTRETER DIESER SCHRIFTART

Caecilia PMN Noordzij, Peter Matthias Linotype 1991

Dispatch Highsmith, Cyrus Font Bureau 1999

Foro Hofrichter, Dieter Hoftype 2012

Generell Mischler, Michael Gestalten 2007

Hans Peter Willberg und Indra Kupferschmid unterscheiden folgende Arten der Egyptienne:

• dynamische Egyptienne

• statische Egyptienne:

• geometrische Egyptienne

• dekorative Egyptienne

Geschichte

Egyptienne Schriften entstanden zu Beginn des 19. Jahrhunderts in England. Sie entstanden im Zuge der industriellen Revolution aus dem gestiegenen Bedarf nach auffälligen Werbeschriften für die nun immer häufigeren Handzettel und Plakatwerbungen. 

Zunächst wurden diese mit klassischen Buchschriften wie Baskerville oder Caslon gesetzt.  

Als eine der ersten Egyptienne-Schriften wird ein Versalalphabet namens »Antique« von Vincent Figgins erachtet, das bereits 1817 in einem Schriftmuster erschien. Dieser hatte sich von Firmin Didots klassizistischen Druckschrifttypen inspirieren lassen. 

In den folgenden Jahren entwarf Figgins zahlreiche Varianten zu dieser höchst werbewirksamen Schrift, welche er dann ganz im Trend der Zeit zum Beispiel »Giza« nannte. Die deutsche Bezeichnung 'Egyptienne' leitet sich btw von dem Namen der durch die Royal Navy gekaperten französischen Fregatte „HMS Egyptienne“ ab, die 1802 den Rosetta-Stein von Ägypten nach London bringt. Die ersten Egyptienne-Schriften sind allerdings zunächst eher stark verfettete Antiqua-Schriften mit deutlich betonten Serifen und ausschließlich für Titelsatz bestimmt.

Der Begriff »Egyptienne« (frz. die Ägypterin) wurde erstmals von Thomas Curson Hansard im Jahre 1825 in seiner »Typografia« verwendet und die Schrift wurde von ihm als »typografical monstrosity« interpretiert. Im werblichen Einsatz können sie die Antiqua aber trotzdem rasch verdrängen. 

Der Name ist vermutlich ein Resultat der zu dieser Zeit grassierenden »Ägyptomania«, einer Modetendenz, die in Paris nach Napoleons Ägypten-Raubfeldzug aufkam. Über London breitete sich diese Strömung rasch auf ganz Westeuropa und die USA aus. Sie gipfelte gegen Ende des 19. Jahrhunderts in der rein kommerziell motivierten Typografie der Verlagshäuser und Druckereien, deren typografische Kultur sich hauptsächlich am kitschig banalisierten Kunsthandwerk aus Historismus und Jugendstil orientierte.

Eine Revitalisierung der Egyptomania im 20. Jahrhundert löste die Entdeckung des Grabes des Pharaos Tutanchamun durch den Britischen Archäologen Howard Carter am 4. November 1922 in Luxor aus. Unzählige neue kunstgewerbliche Egyptienne Schriften in Europa und den USA entstanden. 

Neben modischen und wirkungsästhetischen Aspekten war vor allem ihre Stabilität auf den oftmals sehr minderwertigen Zeitungs- und Briefpapieren ein Grund für ihren Erfolg. Bei der Konstruktion von mechanischen Schreibmaschinen war insbesondere die dicktengleiche Buchstabenbreite technisch vorteilhaft. Dünner gestaltete Serifen würden bei Schreibmaschinen leicht beim Anschlagen abbrechen. Ein bekanntes Beispiel einer solchen Schreibmaschinen-Schriftart ist die Courier.

In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts treten in Deutschland die funktionalen Groteskschriften wie Paul Renners Futura mit ihren geometrisch konstruierten Formen in den Vordergrund. 

In den 30er Jahren entwickelt sich in der Folge eine Wiederbelebung der serifenbetonten Schriften. Diesmal jedoch nicht mit der Antiqua als Vorbild, sondern mit eben jenen konstruierten Groteskschriften. Memphis, Beton, Stymie und Rockwell sind einige der ersten Vertreter dieses neuen Formprinzips. Nach wie vor liegen die Stärken der serifenbetonten Schriften besonders im Versalsatz, der in den fetten Schnitten ein kräftiges und auffallendes Textbild liefert. Im Satz mit Gemeinen zeigen die serifenbetonten Schriften jedoch immer noch Mängel. Die übergroßen Serifen stören den Lesefluss eher als sie ihm helfen und erzwingen zudem oft zu große Abstände zwischen den Zeichen, etwa beim »b«, das im Gegensatz zu einer Antiqua nun zwangsläufig mit einer deutlichen Serife auf der Grundlinie ausgestattet ist. 

Die ursprüngliche, streng rechtwinklige Form der dominierenden Serifen wurde später durch eine Kehlung aufgeweicht. Zusammen mit einer Harmonisierung der Strichstärken entwickelte sich eine neue Gruppe der serifenbetonten Schriften, die ein Schriftanbieter Clarendon nannte, ein anderer Ionic. Diese Schriften waren nun wesentlich besser lesbar und nicht mehr nur für den Titelsatz zu gebrauchen. Sie fanden ab Mitte des 20. Jahrhunderts sogar als Zeitungsschriften eine populäre Anwendung.

Betrachtet man sich die derzeitig beliebtesten Hausschriften, spielen die Egyptienne-Schriften heute eher eine Nebenrolle, doch eigentlich zu Unrecht weshalb ich persönlich es auch gut finde das man erkennen kann, dass jüngere Typografen die Schriftgruppe wieder verwenden oder von ihr inspiriert werden. Im Gegensatz zu den unzähligen, eher neutral wirkenden Grotesk-Schriften können die serifenbetonten Schriften vor allem im Titelsatz deutliche Akzente setzen und verfügen über einen sehr hohen Wiedererkennungswert.

Ein Projekt von

Fachgruppe

Mediendesign

Art des Projekts

Keine Angabe

Entstehungszeitraum

Sommersemester 2021